Der Kreative – sei er Maler, Musiker, Designer, Fotograf, Illustrator, Journalist oder Architekt – wird (wie jeder weiß) unablässig von Musen geküsst. Ansonsten verbringt er seine Tage mit süßem Nichtstun und unbeschwertem Warten auf die nächste Eingebung, die er ebenso mühelos wie behende einer staunenden Welt zu Füßen legt. Da das Leben ihm nichts weiter auferlegt, als wahlweise seiner Neigung, Begabung oder seinem Hobby nachzugehen, kostet ihn das naturgemäß auch weder Schweiß noch Tränen. Man munkelt gar, dass es hier ausnahmsweise auch für Malerinnen, Musikerinnen, Designerinnen, Fotografinnen, Illustratorinnen, Journalistinnen und Architekten nicht wirklich schlechter bestellt ist.

Während dessen. Müssen alle Anderen, die unverschuldeter Weise einen richtigen Beruf zu erlernen hatten, kostbare Lebenszeit dem Broterwerbe opfern. Sie müssen sich Kenntnisse und neue Fertigkeiten aneignen, in Weiterbildung investieren, Erfahrungen sammeln und im Wettbewerb mit Kollegen oder anderen Unternehmern bestehen. Sie müssen Miete, Baukredite, Leasingraten und Kühlschrankbefüllungen bezahlen, sich für die Ausbildung ihrer Kinder krummlegen, einkleiden und an ihre Gesundheits- oder Altersvorge denken.

Deswegen und zum Ausgleich für diese himmelschreiende Ungerechtigkeit in Sachen sinnloser Bevorzugung von Kreativen aller Art wurde das Kreativenlotto erfunden: Die unbezahlte Wettbewerbspräsentation. Denn wer's so leicht hat, kann doch erstmal zeigen, was er kann? Es kostet ihn ja nichts. Wieso denn dann den potentiellen Auftraggeber? Und wenn man sich herausgesucht hat, wer den Geschmack am besten trifft, dürfen alle anderen, vielleicht sogar mit einem freundlichen Dankeschön, endlich wieder entspannt auf ihrem Kreativsofa zurücksinken und der nächsten vielversprechenden Gelegenheit entgegenträumen.